SÁNDOR IVÁN
KOVÁCS: FERENC WATHAY (1568-1609?)
------------------------
Ferenc Wathay, der hervorragende Soldat in den gegen
die Türken ausgetragenen Schlachten, wurde in der Ortschaft
Nagyvág im Komitat Sopron geboren. Er diente in mehreren Burgen
Transdanubiens und wurde 1602 als heldenhafter Verteidiger
Székesfehérvárs - als Vizehauptmann - gefangengenommen. Als
wertvolle Geisel wurde er nach Konstatinopel verschleppt, und
trotz phantastischer Fluchtversuche kam er nicht frei bis zum
Jahre 1606, als er gegen einen gleichwertigen türkischen
Oberoffizier, der sich in Ungarn in Gefangenschaft befand,
ausgetauscht wurde. Um der Eintönigkeit seines Gefangenendaseins
zu entgehen und aufgrund seiner vielfältigen Talente wurde
Hauptmann Wathay zum Dichter. Seine mit eigenen, farbigen
Federzeichnungen und Aquarellen illustrierte, handgeschriebene
Gedichtsammlung ist uns zum Glück erhalten geblieben. Wathay,
der hauptsächlich archaisch anmutende Gedichte schrieb, war aber
auf poetischem Gebiet gebildet und besaß einen modernen
dichterischen Geschmack. Er verfasste auch seinen Lebenslauf.
Seine Gefängnisgedichte, Gefängniszeichnungen und Bilder sind
einzigartig in der ungarischen Literatur der Spätrenaissance.
PÉTER BÁRDOSSY:
DIE GESCHICHTE DER FAMILIE BÁRDOSSY
AUS DEM KOMITAT VAS
------
Die Familie Bárdossy aus dem Komitat Vas ist eine
der ältesten Adelsfamilien des Komitates. Ihr Name stammt von
der Ortschaft Bárdos, welche sich unweit von Szombathely
befindet. Ihre erste urkundliche Erwähnung geht auf das Jahr
1368 zurück. Im Laufe der Jahrhunderte teilte sich die Familie
in mehrere Linien, die in verschiedenen Ortschaften innerhalb des
Komitates ihre Besitztümer bewirtschafteten. Aus diesen Linien
hob sich die sog. Inczéder Linie hervor, in der mehrere
Mitglieder die Beamtenlaufbahn wählten und bedeutendere Ämter
beim Komitat und bei der Stadt Szombathely bekleideten. Das
bekannteste Familienmitglied ist László Bárdossy, der zwischen
1941-42 ungarischer Ministerpräsident war.
VILMOS VOIGT: SEIT
WANN GILT EUROPA ALS HEIMAT
DER VÖLKER UND KULTUREN?
------
Die alte europäische Dichtung, vor allem die
Heldenepik, hielt man schon in sehr früher Zeit für mehr als
für bloße Literatur. Sie war verbunden mit mythischen
Hintergründen. Auch deren spätere Hermeneutik hat sehr oft ein
"mythisches" Vokabular gebraucht. Besonders Homers Epen
wurden nebenbei als Mythos betrachtet, und ihre Hermeneutik nutzt
wiederum eine "mythische" Semantik: Die Heldenepik ist
nichts anderes als "das singende Griechenland", ein
Zeugnis für "die normale Kindheit der Menschheit" usw.
Seit der (Früh)Romantik teilte auch die Volksdichtung dasselbe
Schicksal: Balladen und Märchen wurden als Emanation des
"Volksgeistes" gefeiert. Den Nachahmungen folgen neuere
Nachahmungen: Die Kalevala ist ein Index für Homer und
für die Edda, das estnische (später lettische,
mordwinische usw.) Epos folgt der Kalevala. Heutzutage
dient die "europäische" Volksüberlieferung als
Vorbild in Afrika, Südostasien usw. In den letzten Jahrhunderten
wurde demnach die multikulturelle europäische
Volksüberlieferung zum Vorbild für die ganze Welt.
BERTALAN
ANDRÁSFALVY: DIE VOLKSÜBERLIEFERUNG UND DAS KIND
------
Nach Ansicht des Ethnographieprofessors an der
Universität zu Pécs ist das Nationalbewusstsein ein wichtiger
Bestandteil der gesunden Persönlichkeit, deren Entfaltung durch
das kindliche Spiel am meisten gefördert wird. Die
traditionellen Volksspiele tragen - im Gegensatz zu den heute
verbreiteten wettkampfartigen Spielen - zur Herausbildung des
Gemeinschaftsgefühls und der Lebensfreude bei. Die
Volksdichtung, die Volksmusik, die traditionellen Tänze (wie z.
B. der Reigen) förderten genauso die physische und psychische
Entwicklung und Gesundheit des Kindes wie z. B. der Brauch,
Märchen zu erzählen, oder die traditionelle Art, die Kinder zu
gebären und zu stillen. Aus den auf diesem Gebiet
zusammengetragenen Werten sollte sowohl heute als auch zukünftig
jedes Volk lernen, wenn es die zerstörende Wirkung der
Globalisierung überleben will.
SÁNDOR HORVÁTH:
ETHNISCHE EIGENHEITEN, WECHSELWIRKUNGEN
UND/ODER PANNONISCHER TYP
(Zu ethnographischen Eigentümlichkeiten der West-Pannonischen
Euregion)
------
Das mehrsprachige, von mehreren Nationalitäten
besiedelte und somit über ein vielfältiges kulturelles Erbe
verfügende Gebiet des historischen Westungarns wird vom Autor
nach drei Kriterien untersucht. Zuerst widmet er seine
Aufmerksamkeit den ethnischen und/oder nationalen Symbolen, dann
den Wechselwirkungen und schließlich sucht er eine Antwort auf
die Frage, ob es eine pannonische - oder westpannonische - Kultur
gibt. Davor aber gibt er einen kurzen - einige Beispiele langen -
Überblick über die typischen ethnischen Symbole der hier
lebenden Deutschen, Kroaten, Ungarn und Slowenen. Er untersucht,
welche dieser Symbole in dieser Region vorkommen. So werden u.a.
das Dirndl, die ungarische Gala, die Tamborizza, der Kozolec
(d.h. der slowenische Ständer zum Heutrocknen), der Gulasch, die
Nudeln in Schneckenform und das Ritschet erwähnt.
ENDRE TAMÁS: DIE
GESCHICHTE DES IN HALLE ERWORBENEN DOKTORDIPLOMS
(1945)
------
Der. z.Z. in Celldömölk lebende, pensionierte
Chirurg und Oberarzt absolvierte sein Studium während des II.
Weltkriegs an der Medizinischen Fakultät der Péter Pázmány
Universität in Budapest. Im Dezember 1944 wurden die
Medizinstudenten und ihre Lehrer vor der nahenden Front nach
Deutschland umgesiedelt. Nach einer Beschreibung der
ereignisreichen Reise erzählt der Autor von der in Halle
verbrachten Zeit (hier setzte er seine Ausbildung fort und hier
erhielt er sein Diplom) und von den Erfahrungen, die er an seinem
ersten Arbeitsplatz, einem Kriegshospital in Deutschland, gemacht
hat. Er wurde von der amerikanischen Armee gefangen genommen. Der
interessante Rückblick von geschichtlichem Wert endet mit der
Schilderung der Kriegsgefangenschaft und der Heimkehr in den
Personalstand des Szombathelyer Krankenhauses.
ISTVÁN KÖVÉR
(Herausgeber): KIRCHLICHE BERICHTE AUS DEM KOMITAT VAS
(1952-58) I. Mitteilung
------
Die Aufgabe der im Jahre 1951 geschaffenen
Staatlichen Kirchenbehörde bestand darin, die Tätigkeiten der
Kirchen zu observieren und streng zu kontrollieren, und alles zu
tun, damit auch auf diesem Gebiet der Wille der kommunistischen
Parteiführung vollständig zur Geltung kommen konnte. Die
Sekretäre, die den Komitatsorganen der Behörde vorstanden,
verfassten regelmäßig Berichte, in denen sie u.a. über das
Verhalten des Bischofs und der Priester, ihre Aktivitäten und
Ansichten, über gewisse Vorkommnisse des religiösen Lebens bzw.
über ihre eigenen, direkt eingreifenden Maßnahmen usw.
referierten. István Kövér veröffentlicht eine Auslese der
Berichte aus dem Komitat Vas.
TAMÁS HENDE:
ZWISCHEN KRIEG UND REVOLUTION
(Interview mit Dr. Aba Ferenc Sill)
------
Das Interview ist ein Auszug aus dem beim
Landesweiten Mittelschul-Studienwettbewerb preisgekrönten Werk
des jungen Autors, in dem er sich mit der Ausbreitung der
Diktatur nach 1945 in Szombathely und seiner Umgebung befasst.
Der Pfarrer Dr. Aba Ferenc Sill (1925-) ist Oberhaupt der
ungarischen Franziskaner Ordensprovinz, Direktor der Bibliothek
der Diözese Szombathely und Lokalhistoriker. Im Interview
spricht er über seine persönlichen Erinnerungen an die Zeit der
russischen Besetzung und das Jahrzehnt danach, u.a. an das rege
religiöse Leben in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre und
die darauf folgende Auflösung der Mönchsorden.
GÁBOR ILON:
RITUELLES ZENTRUM DER FRÜHEN EISENZEIT
AUF DEM "KALAPOS"-STEIN IN BOZSOK?
------
Der "Kalapos"-Stein ist ein sich in 586 m
Höhe im südlichen Teil des Günser Gebirges befindender, seine
Umgebung um 10-15 m überragender Felsbrocken mit einem Ausmaß
von 100 x 30 Metern. Seit langer Zeit wird von Archäologen
angenommen, dass sich hier einmal eine kultische rituelle Stelle
befand, welche zum urzeitlichen Machtzentrum in der Umgebung des
Velemer St. Vid-Berges gehörte. Der Autor stellt die Ergebnisse
seiner archäologischen Erkundung auf dem
"Kalapos"-Stein vor, welche diese Annahmen zwar nicht
bestätigen, aber zu weiteren Untersuchungen anregen.
A. FERENC SZABÓ:
DIE "AKADEMIE DER 56ER" IM KOMITAT VAS
(Die Mörder sind beim Namen zu nennen)
------
Die erste vom Vorstand des Verbandes der
"56er" gemeinsam mit dem Ministerium für
Unterrichtswesen, der Selbstverwaltung des Komitates Vas und der
"Apáczai Csere János" Stiftung organisierte
"Akademie der 56er" wurde im Januar 2002 in Szombathely
und Sárvár veranstaltet. Die Vorträge der Veranstaltung, deren
Ziel in erster Linie die Weiterbildung der Mittelschullehrer war,
wurden von Mitarbeitern des Budapester "Institutes des 20.
Jahrhunderts" gehalten. Im Beitrag werden die dort
gehaltenen Vorträge vorgestellt und anschließend weniger
bekannte bzw. am häufigsten missverstandene Themen im
Zusammenhang mit der 56er Revolution behandelt. Weder in der
öffentlichen Meinung noch in der Schulbildung wird diesem
Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung genügend Wichtigkeit
beigemessen. Die Jahrzehnte der Kádár'schen Unterdrückung
bewirkten, dass in den Köpfen der Ungarn ein verzerrtes Bild von
der Revolution existiert. Eines der Symptome dafür ist der
Umstand, dass sich auch die ungarische Literatur nicht in
gebührendem Maße mit 1956 beschäftigt.